Archiv des Autors: Gotthardt & Lathe

OLG Karlsruhe: Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages

Zur Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleich: Der eine Ehegatte betreibt als Selbstständiger seine Altersversorgung voraussichtlich durch Bildung von grundsätzlich dem Zugewinnausgleich unterfallenden Vermögen. Der andere Ehegatte wird zur Altersversorgung voraussichtlich lediglich Rentenanwartschaften erwerben. In solchen Fällen führt der ehevertragliche Ausschluss des Zugewinnausgleichs unter Beibehaltung des Versorgungsausgleichs zum einseitigen Ausschluss eines Ehegatten von der Teilhabe an der Altersvorsorge des anderen im Scheidungsfall. Das bedeutet eine einseitige Lastenverteilung. Außerdem liegt durch den einseitigen Ausschluss der späteren Teilhabe an der erworbenen Altersvorsorge ein Eingriff in den Kernbereich der Scheidungsfolgen vor. Auch im Fall einer objektiv einseitigen, durch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten Lastenverteilung ist das Verdikt der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages nur möglich, wenn zusätzlich eine Störung der subjektiven Vertragsparität festgestellt werden kann. Eine solche Störung der subjektiven Vertragsparität liegt nicht schon dann vor, wenn der benachteiligte Ehegatte die Bedeutung und Tragweite des Abschlusses eines Ehevertrages grundsätzlich erkennt, die konkreten Vertragsbestimmungen jedoch nicht versteht, und sodann weitere Beratung und Aufklärung vor Abschluss des Ehevertrages deshalb nicht einholt, weil er seinem Ehegatten „blind“ vertraut. Der bewusste Verzicht darauf, im Rahmen der Vertragsverhandlungen selbst oder durch Berater die eigenen Interessen zu wahren, rechtfertigt nicht schon die Bejahung des subjektiven Sittenwidrigkeitselements. Az 20 UF 7/14, Beschluss vom 31.10.2014 Quelle: Newsletter AG Familienrecht

BGH: Bezugsdauer des Elterngeldes durch unterhaltsverpflichteten Elternteil verdoppelt

Ein zum Minderjährigenunterhalt verpflichteter Elternteil – in diesem Fall die Mutter – widmet sich nach der Geburt eines weiteren Kindes dessen Betreuung. In dieser zu respektierenden Rollenwahl macht sie für die ersten beiden Lebensjahre des von ihr betreuten Kindes von der Möglichkeit Gebrauch, die Bezugsdauer des Elterngeldes zu verdoppeln. Deswegen hat sie für den Kindesunterhalt keine ausreichenden Einkünfte. Das kann ihr unterhaltsrechtlich nicht vorgeworfen werden. Az XII ZB 181/14, Beschluss vom 11.2.2015 Quelle: Newsletter AG Familienrecht

Finanzgericht Münster: Kosten des Scheidungsprozesses weiterhin als außergewöhnliche Belastungen abziehbar

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen Aufwendungen zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit ist auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu den Aufwendungen geführt hat. Liegt diese in der vom Einzelnen gestaltbaren Lebensführung, kommt ein Abzug nicht in Betracht. Durch Ehescheidungskosten entstandene Prozesskosten sind aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, weil bei einer Scheidung davon auszugehen ist, dass die Ehe zerrüttet ist. Az 4 K 1829/14 E, Urteil vom 21.11.2014, Quelle: Newsletter AG Familienrecht und Pressemitteilung vom 10.12.2014

OLG Bremen: Schadensersatzanspruch des Kindes für Sparbuch-Abhebung durch den Vater

Die beiden minderjährigen Kinder nahmen ihren Vater auf Schadensersatz in Anspruch, da er von ihren Sparbüchern diverse Abhebungen vorgenommen hat, die er nur teilweise durch Einzahlungen wieder ausgeglichen habe. Den beiden Kindern steht jeweils ein Schadensersatzanspruch gegen ihren Vater zu. Dieser ergibt sich aus § 1664 BGB. Durch diese Norm werde nicht nur ein Haftungsmaßstab festgelegt wird, sondern es handele sich hierbei auch um eine Anspruchsgrundlage. Danach können die Kinder ihre Eltern wegen einer Pflichtverletzung bei der Ausübung der elterlichen Sorge in Anspruch nehmen. Von der elterlichen Sorge ist u.a. die Vermögenssorge gemäß § 1626 Abs. 1 BGB umfasst. Die Vermögenssorge beinhaltet nach § 1642 BGB nicht nur die Pflicht der Eltern, das ihrer Verwaltung unterliegende Geld der Kinder nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen, sondern verbietet zugleich, das Geld der Kinder für persönliche Zwecke zu gebrauchen. Der Vater argumentiert, mit dem Geld habe er für seine Kinder Geschenke bzw. Einrichtungsgegenstände gekauft und Urlaubsreisen finanziert. Die Mutter sei auch mit der Verwendung des Geldes einverstanden gewesen. Das zählt nicht, weil Eltern ihren Kindern einen angemessenen Lebensunterhalt schulden und dieser somit von den Kindeseltern und nicht von den Kindern zu tragen ist. Az 4 UF 112/14, Beschluss vom 3.12.2014 Quelle: Newsletter AG Familienrecht

OLG Hamm: Volljährigenunterhalt bei Berufsvorbereitung

Eine Zwanzigjährige hatte vor Jahren die Hauptschule ohne Abschluss verlassen. Um Altenpflegerin werden zu können, wollte sie nun eine Berufsschule besuchen und einen Schulabschluss nachholen. Um davor ihre Lese-, Rechtschreib- und Lernkompetenzen zu verbessern, absolvierte sie eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme und erhielt in dieser Zeit eine Ausbildungshilfe. Da ihr Vater, bei dem sie lebt, erwerbsunfähig ist und Hartz IV erhält, verlangte sie von ihrer Mutter Volljährigenunterhalt. Das OLG verneinte einen Anspruch der Tochter auf Unterhaltszahlungen. Die Bildungsmaßnahme diente der Berufsvorbereitung und der beruflichen Orientierung der Tochter. Sie befand sich daher gerade nicht in einer allgemeinen Schulausbildung, die primär einen regulären Schulabschluss, wie etwa die mittlere Reife, bezweckt. Damit traf die Mutter keine gesteigerte Unterhaltspflicht. Für sie galt der höhere Selbstbehalt gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern, den sie mit ihrem Einkommen nicht überschritt. Mangels Leistungsfähigkeit schuldete sie deshalb keinen Unterhalt. Az 2 WF 144/14, Beschluss vom 3.12.2014 Quelle: Newsletter AG Familienrecht