Kosten für den längerfristigen Besuch von Förderunterricht bei einem privaten Lehrinstitut (hier: Therapie einer Lese-Rechtschreib-Schwäche) können unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf begründen.
Für berechtigten Mehrbedarf eines minderjährigen Kindes haben grundsätzlich beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen und nach den Maßstäben des § 1603 Abs. 1 BGB aufzukommen, so dass vor der Gegenüberstellung der beiderseitigen unterhaltsrelevanten Einkünfte generell ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts abzuziehen ist.
Quelle: AG Familienrecht
BGH: Az XII ZB 298/12, Beschluss 10.7.2013
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Neu: Kosten für Zivilprozesse nur noch begrenzt absetzbar!
Die Kosten für einen zivilrechtlichen Rechtsstreit steuerlich geltend zu machen, ist nur noch in den Fällen möglich, in denen es für den Steuerpflichtigen um seine Existenzgrundlage geht.
Auf diese Weise hat der Gesetzgeber durch eine neue Regelung (§ 33, Abs. 2, S. 4 EStG) die bisherige Rechtspraxis nun noch weiter eingeschränkt. Der Bundesfinanzhof hatte außerdem bereits am 12. Mai 2011 (Az VI R 41/10, Urteil vom 12.5.2011) entschieden, dass die Kosten für einen Zivilprozess nur noch dann von der Einkommenssteuer abgesetzt werden können, wenn der Prozess ausreichende Aussicht auf Erfolg hat.
In Unterhaltsverfahren müsste jetzt daher geprüft werden, ob durch den begehrten Unterhalt die Existenz gesichert wird. Für einen solchen Fall sind nach wie vor Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen.
Quelle: DAV-Pressemitteilung, Newsletter Nr. 8/11
OLG Hamm: Unterhalt für ein volljähriges Kind, das bei der Großmutter lebt
Der Bedarf eines volljährigen Kindes verringert sich nicht dadurch, dass das Kind kostenfrei im Haushalt seiner Großmutter lebt. Das Gericht gewährte daher dem Kind Verfahrenskostenhilfe für den gegen den Vater gerichtlich zu verfolgenden Unterhaltsanspruch.
Nach der einschlägigen Regelung der Hammer Leitlinien habe der Volljährige einen monatlichen Bedarf von 670 €. Seine Lebenssituation entspreche derjenigen eines Kindes mit eigenem Hausstand. Der Umstand, dass der Antragsteller bei seiner Großmutter und deren Ehemann lebe und keine Zahlungen für Verpflegung und Wohnen erbringe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Eine Unterhaltspflicht der - ohnehin leistungsunfähigen - Großmutter bestehe jedenfalls im Umfang der Leistungsfähigkeit der Kindeseltern nicht. Die Gewährung von Verpflegung und Unterkunft durch die Großmutter und ihren Ehemann stelle sich daher als freiwillige Leistung Dritter dar, die keinen Einfluss auf den Bedarf des Antragstellers habe. Für diesen Bedarf abzüglich des bereits an den Antragsteller gezahlten Kindergeldes habe der nach seinem Einkommen leistungsfähige Antragsgegner aufzukommen.
Az 2 WF 98/13, Beschluss vom 29.5.2013,
Quelle: OLG-Pressemitteilung vom 2.7.2013
BGH entscheidet zu Detektivkosten im Unterhaltsrechtsstreit
Zur Beschaffung von Beweismitteln können einer Partei im Unterhaltsstreit Detektivkosten entstehen, zum Beispiel, um festzustellen, ob der Unterhaltsberechtigte in einer sogenannten verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. In solchen Fällen können Unterhaltsansprüche nämlich verwirkt sein.
Die Detektivkosten können dabei zu den erstattungsfähigen Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz1 ZPO gehören. Das ist allerdings nur der Fall, wenn das Beweismittel im Rechtsstreit auch verwertet werden darf. Daran fehlt es, soweit die Kosten auf Erstellung eines umfassenden personenbezogenen Bewegungsprofils mittels eines Global Positioning System (GPS) Geräts beruhen, eine punktuelle persönliche Beobachtung aber ausgereicht hätte.
Az XII ZB 107/08, Beschluss vom 15.5.2013
Quelle: BGH-Pressemitteilung
BGH: Ausbildungsunterhalt für eine Erstausbildung auch nach dreijähriger Verzögerung durch Praktika und Aushilfstätigkeiten möglich
Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Reichweite des Ausbildungsunterhalts für volljährige Kinder entschieden.
Die 1989 geborene Antragstellerin lebte nach der Trennung ihrer Eltern im Jahr 1997 zunächst im Haushalt des Vaters in den Niederlanden, bevor sie 2003 zu ihrer Mutter nach Deutschland wechselte. Dort erwarb sie 2007 die mittlere Reife mit einem Notendurchschnitt von 3,6. Anschließend trat sie als ungelernte Kraft in verschiedene Beschäftigungsverhältnisse ein und leistete Praktika zum Teil in der Erwartung, auf diese Weise Zugang zu einem Ausbildungsplatz zu erhalten. Dadurch deckte sie ihren Unterhaltsbedarf in der Zeit von Juli 2007 bis Juli 2010 selbst ab. Im August 2010 begann sie eine Ausbildung als Fleischereifachverkäuferin.
Das Familiengericht hat ihren Vater, den Antragsgegner, dazu verpflichtet, rückständigen Ausbildungsunterhalt ab September 2010 und laufenden Unterhalt in Höhe von monatlich 218,82 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen; hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der aus §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung der Eltern auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Kindes die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Verletzt das Kind nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen.
Mit seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass auch eine dreijährige Verzögerung der Aufnahme einer Erstausbildung infolge zwischenzeitlich geleisteter Praktika und ungelernter Tätigkeiten noch der Obliegenheit des Kindes entsprechen kann, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen.
Bewerber mit schwachem Schulabgangszeugnis seien verstärkt darauf angewiesen, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen. Dies könne auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über eine (zunächst) ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen. Die Aufnahme solcher vorgelagerter Beschäftigungsverhältnisse bedeute daher jedenfalls dann keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung, wenn sie in dem Bemühen um das Erlangen eines Ausbildungsplatzes geschehe.
Die maßgeblichen Normen des BGB lauten wie folgt:
§ 1601 Unterhaltsverpflichtete
Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.
§ 1610 Maß des Unterhalts
(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).
(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.
Beschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 220/12
AG Mayen – 8b F 585/10 – Beschluss vom 13. Oktober 2011
OLG Koblenz – 13 UF 1081/11 – Beschluss vom 28. März 2012
Karlsruhe, den 3. Juli 2013
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr.109/2013 vom 03.07.2013